10. Nov. 2017

GELD – ein Tabuthema?

Marion Gredig

«Über Geld spricht man nicht, man hat es.» Dieser leicht zynisch gefärbte Spruch wird – nicht ganz überraschendweise – einem Milliardär zugeschrieben, nämlich dem amerikanischen Ölindustriellen Jean Paul Getty. Doch auch weniger begüterte Kreise halten sich gerne an dieses Prinzip. Zumindest an dessen ersten Teil. Gerade Schweizerinnen und Schweizer tun sich schwer, das Thema Geld offen zu behandeln, wenn es um die eigenen finanziellen Verhältnisse geht. Man spricht weder gerne über
Einkommen und Vermögen noch über die Beträge, die man für das neue Auto oder die Ferien am anderen Ende der Welt in die Hand genommen hat.
In einer Umfrage der Gratiszeitung «20 Minuten» gaben rund 40 Prozent der Befragten an, dass ihr Geld nur sie allein etwas angehe. Weitere 32 Prozent würden höchstens mit den engsten Verwandten über ihre finanzielle Situation reden.

Vorher über Geld reden ist besser, als hinterher darüber zu streiten

Im privaten Bereich mag die Hemmung, über Geld zu sprechen, durchaus begründet sein. Denn wo Geld ist, sind Neid und Missgunst nicht weit. Anders sieht es aus, wenn es um Geschäfte geht. Um eine Leistung und um ihren Preis. Beim Einkaufsbummel richtet sich der zweite Blick normalerweise auf das Preisschild. Geht es um grössere Investitionen, ist es in den meisten Branchen üblich, dass der Leistungserbringer dem Leistungsbezüger eine Offerte vorlegt. Geliefert wird erst dann, wenn der Kunde sein Einverständnis gegeben hat. Oder gar nicht, wenn der Kunde von seinem guten Recht Gebrauch macht, das Angebot abzulehnen. Das ist eine saubere und faire Vorgehensweise, die auch Zahnarztpraxen wärmstens empfohlen sei. Vor allem, wenn es um aufwändigere zahnmedizinische Behandlungen geht, sollte sich die Zahnärztin oder der Zahnarzt nicht scheuen, mit der Kostenwahrheit herauszurücken. Und zwar nicht erst dann, wenn die Behandlung abgeschlossen ist, sondern bevor damit begonnen wird.

Klare Verhältnisse bilden die Grundlage guter Geschäftsbeziehungen
Kostentransparenz liegt durchaus im Interesse der Patientinnen und der Patienten, die Anrecht darauf haben, zu wissen, woran sie sind. In Deutschland, wo zahnmedizinische Behandlungen mehrheitlich von den Krankenkassen und Versicherungen bezahlt werden, ist die vorgängige Aufklärung der Patienten über die zu erwartenden Kosten sogar gesetzlich vorgeschrieben. In der Schweiz ist sie ein Gebot der Fairness. Diese schöne Tugend darf allerdings auch von der Patientin oder dem Patienten erwartet werden. Ist die Kostenfrage geklärt und im Idealfall ein Kostenvoranschlag unterschrieben, steht der Patient in der Pflicht, die Behandlung auch zu bezahlen.
Der erwähnte Jean Paul Getty soll auch gesagt haben, dass sich ein Vertrag erübrige, wenn man einem Menschen trauen könne. Und umgekehrt, dass ein Vertrag nutzlos sei, wenn man einer Person nicht trauen könne. Dem sei entgegengehalten, dass ein unterzeichneter Kostenvoranschlag hoch offiziell als Schuldanerkennung gilt, was der Zahnarztpraxis immerhin eine gewisse Sicherheit gibt.

Absolute Sicherheit gibt es nicht. Oder doch?
Zu bedenken ist allerdings, dass die Anerkennung der anfallenden Kosten noch kein Geld in die Kasse spült. Denn wie die vom Bundesamt für Statistik (BFS) regelmässig publizierten Daten zeigen, hat die Zahlungsmoral in der Schweiz schon bessere Zeiten gesehen: Allein im Jahr 2016 stellten die Betreibungsämter weit über 2.8 Millionen Zahlungsbefehle aus. Die Zahl der Pfändungen betrug mehr als 1.5 Millionen.
Das Risiko, dass Patientinnen und Patienten aufgrund finanzieller Schwierigkeiten oder gewollt das Zahnarzthonorar schuldig bleiben, ist also durchaus vorhanden. Es wird minimiert, wenn vorher Klartext über Geld geredet wird. Und es reduziert sich praktisch auf Null, wenn vorab eine Bonitätsprüfung durchgeführt wird. So einfach ist das.

Kontakt


Thomas Kast
Geschäftsführer der Zahnärztekasse AG
Tel. +41 43 477 66 66
kast@zakag.ch
www.zakag.ch